Seit einiger Zeit stellen Psychologen und Soziologen fest, dass sich die bisherigen Vorstellungen der lebenslangen Ehe oder Beziehung wandelt. Man untersuchte die neuen Möglichkeiten und begann, sie zu katalogisieren. Grob vereinfacht, fand man die hier erwähnten „Liebesstile“. Die Zusammenfassung wurde durch die der Redaktion der „Liebeszeitung“ modernisiert, denn die Forschungen von John Alan Lee gehen bereits auf das Jahr 1977 (oder etwas früher) zurück. In einem Zeitraum von 50 Jahren kann sich viel verändern.
Ob diese „Liebesstile“ also wirklich noch alle existieren, ist unbekannt. Sie werden unter Vorbehalt veröffentlicht.
Liebesheirat oder feste Liebesbeziehung
Die Liebesbeziehung aufgrund einer leidenschaftlichen sexuellen Anziehung wird im Wissenschaftsjargon auch als „romantische Liebe“ bezeichnet. Paare, auf die das zutrifft, fühlen sich körperlich und emotional zueinander hingezogen und genießen diesen Zustand. Das heißt, sie schöpfen aus der Lust aneinander einen Gewinn.
Spielerische Liebe
Bei der spielerischen Liebe steht Sex im Vordergrund. Geht man von einem Hetero-Paar aus, so geht es zumeist um die „offene Ehe“, in der sich beide Partner Affären gestatten. Triolen oder Swinger-Aktivitäten gehören ebenfalls dazu, und auch SM-Aktivitäten folgen manchmal diesem Muster. Nachdem viele Menschen von sich sagen, heteroflexibel zu sein, können auch gleichgeschlechtliche Beziehungen zu diesem Themenkreis gehören.
Freundschaftliche Liebe
Bei dieser Liebesform entwickelte sich die Liebe aus gemeinsamen Aktivitäten und der körperlichen wie auch emotionalen Nähe. Es handelt sich also nicht um eine Friendzone, sondern um ein Zusammenleben, bei dem leidenschaftlicher Sex eine vergleichsweise geringe Rolle spielt.
Liebe in gegenseitiger Abhängigkeit
Bei dieser Art der Liebe entsteht aus einer anfänglich „gewöhnlichen“ Liebesbeziehung eine gegenseitige, emotionale Abhängigkeit. Psychologen glauben, dass solche Beziehungen von der Angst beherrscht werden, verlassen zu werden. Dies trifft vor allem auf Beziehungen zu, die als 24/7-Beziehungen gelten. In dieser Art von Beziehungen spielt Eifersucht offenbar eine große Rolle.
Pragmatische Liebe (früher Vernunftehe)
Die Vernunftehe entsteht, wenn beide Partner die Vorteile der Beziehung abwägen, also beispielsweise den Gewinn der Zweisamkeit mit dem Verlust der Freiheit vergleichen. Es kann sich auch um Besitz, Macht oder soziales Ansehen handeln. Das Thema ist seit Längerem bekannt, und vor allem Online-Partnervermittlungen werden bezichtigt, diese Tendenz zu fördern.
Gegenseitige selbstlose Liebe
Das Fremdwort für selbstlos heißt „altruistisch“ – und in dieser Liebesform steht das Wohl der jeweils anderen Person im Mittelpunkt. Eigene Wünsche und Bedürfnisse spielen dabei nur eine geringfügige Rolle. Normalerweise werden solche Beziehungen als problematisch eingeschätzt.
Viele Formen der Liebe drücken sich sowohl in „sich mit sich selbst, einer anderen Person oder mehreren Personen vertraut zu sein“, oder in „in sich selbst, eine andere Person oder mehreren Personen verliebt zu sein“. Beides kann sich durchdringen, parallel existieren oder bewusst so gelebt werden. Geschlechtsverkehr ist jeweils möglich, aber nicht zwingend nötig, um die Beziehung zu vervollkommnen. Dabei kristallisiert sich heraus, dass es nicht ausschließlich um das jeweils andere Geschlecht geht - die Menschen sind in ihren Wünschen nach Sinnlichkeit inzwischen heteroflexibel geworden.
Zitat:
Da Sex zwischen Menschen des gleichen Geschlechts sein Stigma verliert, werden immer mehr Verhaltensweisen, darunter auch Dreier, akzeptabel.
Diese Formulierung ist neu und wird in dieser liberalen Form erst im 21. Jahrhundert verwendet. Sie baut darauf auf, wie Beziehungen tatsächlich gelebt und gestaltet werden und nicht darauf, welche Beziehungsformen sozial wünschenswert sind.
Anmerkung: Polyamorie wird hier im allgemeinen Sinn gebraucht: Mehrere Menschen zeitnah oder zeitgleich lieben zu können.
Forschung und Lehre, Zeitschrift.
(Dorsch, zuverlässige Quelle)
Lee, J.A. (1988) Love-Styles. In: Sternberg, R.J. and Barnes, M.L., Eds., The Psychology of Love, Yale University Press, New Haven, 38-67.
Arnold Retzer - Lob der Vernunftehe (Buch), Ersterscheinung 2009.
Zitat zur Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Beziehungen, ohne homosexuell zu sein: BBC, Dr Ryan Scoat, 2017.
Zu Heteroflexibilität vor „Straight“ von Hanne Blank, Boston 2012.