Nachdem der Begriff der „normalen“ Lebensführung nahezu verschwunden ist, reden viel Menschen von ihrem „Lifestyle“ oder ihrer „Lebensweise“.
Es gibt also nicht mehr „einen verbindlichen Lebensstil“, dem alle folgen, sondern viele Möglichkeiten, das Leben zu gestalten. Manche Gruppen, aber auch viele Paare und Einzelpersonen haben Lebensweisen entwickelt, die es vor 50 oder 100 Jahren noch nicht gab.
Ein typisches Beispiel ist die „Beziehung“. Vor etwa 100 Jahren gab es offiziell keine sexuellen Beziehungen zwischen unverheirateten Menschen. Wer nicht heiratete, wurde Blaustrumpf (Frauen) oder Hagestolz (Männer). Beide Gruppen wurden oft verspottet. Unverheiratet Mütter wurden ständig gedemütigt, und mancher „ewige Junggeselle“ wurde bezichtigt, homosexuell zu sein.
Zurück zur Jetztzeit. Nachdem wir unserem Leben nicht mehr so viel Etiketten aufkleben, die bekannt und vergleichbar sind, wird es immer wichtiger, eine Person als Partner(in) zu finden, die einen bestimmten „Lebensentwurf“ verfolgt, die unserem ähnlich ist.
„Lebensentwürfe“ beinhalten in der Regel, „wo wir mit wem wie leben wollen, um welche Ziele zu erreichen?“
Diese Frage wurde nötig, nachdem die Lebensentwürfe nicht mehr feststanden, in Deutschland also beispielsweise gegen Ende der Glanzzeit des Bürgertums, als die Liebesheirat aufkam. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts waren Frauen durch Ihre Ausbildung in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Das bewirkte auch ein höheres Selbstbewusstsein. In der Folge gab es sehr differenzierte Lebensentwürfe für Paare. Der Prozess war beim Erscheinen dieses Lexikons (2024) noch keinesfalls abgeschlossen. Neben sehr emanzipierten, beruflich erfolgreichen und weitgehend autonom handelnden Frauen gibt es nach wie vor Frauen, die ganz und gar „feminin“ oder „mädchenhaft“ sein wollen oder sogar als „Trad Wives“ die überkommene Rolle der Hausfrau und Mutter spielen wollen.
Eine relativ neue Tendenz zeigt sich in der Möglichkeit, gar keine feste Beziehung einzugehen oder jedenfalls lange damit zu warten – oft bis zum 35. Lebensjahr und danach. Das bedeutet, den Wunsch nach Gemeinsamkeit, Intimität und Sexualität zu planen und/oder auf mehrere Personen zu verteilen. Dafür gibt es viele Begriffe, wie etwa „fwb“ (Friends with Benefits), auf Deutsch„ Freunde mit Zusatzeigenschaften“ oder Sexkamerad(in) (Sexbuddy).
Singles, die das nicht wollen, aber dennoch nicht ganz auf Sex verzichten wollen, leben meist „a la carte“ oder sie suchen nach ONS. Wenn dies nicht klappt, gibt es je nach Kultur „andere“ Sexualpartner, beispielsweise solch, die lediglich Oralverkehr oder Handverkehr ausüben.
Unter manchen jungen Menschen wurde es seit der Jahrtausendwende üblich, Sexpartner zu zählen – was zur Abwertung oder Aufwertung führen kann. Dann spricht man von „Body Count“ (bei penetrativem Sex, siehe PiV) oder „Head Count“ (bei Oralsex).
Aus unseren Eigenschaften und unseren Fähigkeiten bauen wir die Ziele unserer Lebensentwürfe auf. Um einige davon zu verwirklichen, benötigen wir Partner. Grob gegliedert, gibt es Lebensweisen, die …
Unzweifelhaft gehört zu unserem Lifestyle aber auch die Art, wie wir mit unserer angeborenen oder erworbenen Haltung zur Sexualität umgehen. Deswegen haben wir 2024 auch Gender-Fragen in unser Lexikon aufgenommen.
Seit kurzer Zeit wird von psychologischer Seite über unterschiedliche „Liebesstile“ gesprochen und geschrieben, die wir hier vorstellen.