Die Partnersuche durch Medien und Pseudo-Vermittler hat viele Wurzeln. Eine davon liegt tief in der Seele des Bürgertums: Wer etwas gelten will, sollte tunlichst verheiratet sein – und dies bedeutete lange Zeit: Der Vater oder Vormund musste die Töchter oder Schutzbefohlenen unter die Haube bringen, was nicht ganz einfach war, denn ohne Mitgift blieben die jungen Damen einfach „sitzen“.
Etwas kam hinzu: Zwar wurden im 19. Jahrhundert (der Blütezeit des Bürgertums) nicht sehr viele Ehen geschieden, dafür starben aber recht viele Frauen im Kindbett. Die statistisch geringen Zahlen (0,3 Prozent der Geburten) werden dadurch relativiert, dass die Anzahl der Geburten ungleich höher war als heute. Für die zurückgebliebene Familie musste dann alsbald eine Stiefmutter gesucht werden.
Die ersten „Heiratsbüros“ sind aus Anzeigenbüros hervorgegangen. Man muss sich dies etwa so vorstellen wie heute bei den Anzeigen im Foyer von Supermärkten: Hier können Kunden Angebote und Gesuche an ein „Schwarzes Brett“ hängen. Wer im Büro eines damaligen Maklers eine Anzeige aufgeben wollte, zahlte einen Geldbetrag, um diese Anzeige auszuhängen. Aus dieser Art der „Bekanntmachung“ entstanden dann später die Heiratsanzeigen, die auch überwiegend von Anzeigenmaklern aufgeben wurden. Auch bei Ihnen fand keine Vermittlung im eigentlichen Sinn statt, sondern die Anzeigenmakler buchten ihren Annoncenplatz in der Zeitung, wo die Heiratsanzeigen dann unter Chiffre erschienen.
Das „Eigeninserat“ war zur Blütezeit des Bürgertums noch selten. In den Ausgaben der „fliegenden Blätter“ von gegen 1900 beispielsweise erschienen gar keine privaten Heiratsannoncen.
Die „Ehe durch Annonce“, also die Heiratsanzeige, setzte sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg wirklich durch – aber bereits seit den 1970er Jahren sank ihr Stellenwert rapide. Ihr Aufstieg und Fall dokumentiert in eindrucksvoller Weise gesellschaftliche und soziale Veränderungen in der Gesellschaft, in denen das oberste Ziel nicht mehr die Ehe, sondern die Partnerschaft war.
Der zweite Zweig der Vermittlung ging über sogenannte „Korrespondenzen“. Auch diese Angelegenheiten liefen über Büros, bei denen man Adressen von heiratswilligen Personen erwerben konnte in der Hoffnung, dass eine Ehe bei Neigung durch „Korrespondenz“ zustande kommen würde. Dabei handelte es sich nicht um Vermittlungen, sondern um eine Art modifizierten Adressenhandel, der noch lange bis ins 20. Jahrhundert hinein in allen Varianten blühte. Die eigentlichen Nachfolger der „Eheanbahnung per Korrespondenz“ sind heute die Singlebörsen, die in der Masse ungleich seriöser sind als es die Adressenhändler jemals waren.
Eine besondere Form des Adressenhandels kam in den 1980er Jahren auf. Damals begannen zahlreiche Firmen eine neue Art des Adressenhandels, der ausschließlich über Telefonnummern abgewickelt wurde. Man bekam also nicht die Adressen, sondern die Telefonnummern der angeblich „passenden“ Partnerinnen und Partner, nachdem über ein Computerprogramm angeblich die Kompatibilität der Partner festgestellt wurde. Bei den meisten der wenigen weiblichen Teilnehmer führte dies zu einem wahren Ansturm auf die Telefone, sodass die Unternehmen diese Art von Vermittlungen alsbald wieder einstellten. Dennoch zeigte sich, dass eine solche Aktion auch sinnvoll sein kann, wenn das Verhältnis zwischen Frauen und Männern umgekehrt wurde: Bei einer ähnlichen Aktion der Frauenzeitschrift „Brigitte“ beteiligten sich nur wenige Männer – und auf diese Weise kam es zu zahlreichen angenehmen Begegnungen. Aus der heutigen Sicht kommen diesem Modell die Partneragenturen am nächste, die inzwischen über ausgereiftere Tests, garantierte Anonymität und ein ausgewogenes Verhältnis zischen Männern und Frauen verfügen.
Vom Beginn der Anzeigenagenturen angefangen über die bürgerliche Presse bis zum Aufkommen der regionalen und überregionalen Anzeigenblätter war die Zeitungsanzeige stets das wichtigste Medium für alle Arten von Beziehungen – von der Heirat bis zur Liebe für eine Nacht. Über Sparten (“Heiraten“, „Bekanntschaften“, „Kontakte“) und andere strukturierte Anzeigenrubriken („er sucht Sie“, „Sie sucht Ihn“) versuchten die Zeitungen jahrzehntelang, die Spreu vom Weizen zu trennen und Übersicht zu schaffen. Doch euch heute noch gelingt es Casanovas, unter „Heiraten“ zu annoncieren und Huren schaffen es, ihre Dienste in den „Bekanntschaften“ unterzubringen – teilweise dank geschickter Ausdrucksweise, die nur eingeweihten geläufig ist.
Obgleich die Zeitungsanzeige für Partnersuchende nicht mehr so beliebt ist wie im vorigen Jahrhundert, kann man mit ihrer Hilfe doch immer nicht bodenständige, regionale Kontakte knüpfen.