Eine ökonomische Betrachtung zu Liebe und Partnersuche

Falls du dich fragst, was Ökonomie mit Liebe zu tun hat – im Grunde sehr viel. Eines der Prinzipien der Natur ist, das Wohlbefinden mit wenigen Mitteln aufrechtzuerhalten. Das gilt auch für menschliche Paarbeziehungen und für eine einfache Wirtschaftsordnung. Verschwenderisch ist die Natur nur bei der Fortpflanzung, und der Einsatz ist enorm – viele Eiern, eine Riesenanzahl von Spermien und starke körpereigener Drogen werden nur für diesen Moment produziert.

Den meisten Forscher halten die Verbindung von „Liebe“ und „Markt“ für ethisch schwierig. Und nur wenige Ökonomen befassen sich ernsthaft mit Paarbeziehungen. Daran mag es liegen, dass wir zu diesen Themen häufig von Paarpsychologen hören, die ihre Thesen gerne veröffentlichen, aber nur selten von Ökonomen.

Das vereinfachte ökonomische Modell der Partnersuche

Das ökonomische Modell der Partnersuche hat zwei Seiten:

1. Wen begehre ich?
2. Wer begehrt mich?

Die Frage ist also: Wie kannst du jemanden finden, den du ausgesprochen geeignet findest – und der dich auch wirklich will?

Die Antwort ist im Grunde einfach, erfordert aber etwas Einsicht:

Wenn du hinaus in die Welt gehst und einen Partner oder eine Partnerin suchst, bist du automatisch auf dem Partnermarkt. Du gehst dorthin mit deinem Angebot: Körper, Gefühle, Persönlichkeitswerte, deinem sozialen Status und was du sonst zu bieten hast.

Um dein Angebot erkennbar zu machen, ist unbedingt nötig, es am Markt sichtbar zu zeigen. Dazu erstellst du ein Profil – das ist so eine Art „Präsentation“ auf dem Markt. Beim Online-Dating ist es ein geschriebenes Profil, ansonsten entspricht es der Summe der Eigenschaften, die du ausstrahlst. So erfährst du: Wen interessiert dein Angebot? Oder markttechnisch: Wie groß ist die Nachfrage nach diesen Eigenschaften?

Nach und nach wirst du entdecken, wie groß die Nachfrage nach deinen Eigenschaften tatächlich ist. Und du wirst noch etwas feststellen: Deine eigenen Anforderungen an andere Menschen können passen, zu hoch oder zu niedrig sein. Eine einfache Gesetzmäßigkeit sagt aus, dass sie zumeist zu hoch sind. Das heißt, wir schätzen unseren Marktwert selber höher ein, als es den Tatsachen entspricht. Man nennt diese Effekt auch „Overconfidence-Bias“. Übersetzt und weniger „wissenschaftlich“ sagt man dazu „Selbstüberschätzung“.

Angebot, Nachfrage und Marktwert

Nach und nach wirst du herausfinden, dass viele der Teilnehmer(innen) am Markt völlig absurde Vorstellungen von ihrem Marktwert haben. Das gilt auch, wenn sie sehr sympathische, freundliche und zuvorkommende Personen sind. Bitter oder nicht, der Marktwert richtet sich nicht nach Nettigkeiten, sondern danach, welche Eigenschaften besonders gefragt sind.

Möglicherweise kannst du aber drei Faktoren anpassen:

- Versuche, toleranter und kompromissbereiter zu sein.
- Suche nicht nach dem Juwel, sondern nach einer Person, die du wirklich magst.
- Es kann ein, dass du auf dem falschen Marktplatz bist. Gerade im Online-Dating-Bereich gibt es viele Marktplätze.

Ă–konomie von Gleichheit und Unterschiedlichkeit

Aus ökonomischer Sicht ist die psychologische Wertediskussion um „Gleich und Gleich“ oder „Gegensätze ziehen sich an“ völlig irrelevant. Gleichwohl öffnen Unterschiede eher neue Perspektiven und führen zu kreativen Erweiterungen des Daseins. Gleichheiten sind gut, wenn wir zwei Zugpferde benötigen, die in die gleiche Richtung traben.

Das bedeutet auch: Menschen mit unterschiedlichen Eigenschaften können einander ergänzen, was zur persönlichen Vervollkommnung beider beiträgt, während Menschen mit gleichen Eigenschaften möglicherweise auch gleiche Defizite haben..

Wem das zu kompliziert erscheint, den nehme ein einfacheres Beispiel. Wenn sich zwei Partner finden, die beide „moderne Massenmöbel“ besitzen, entsteht eine einheitliche, aber meist etwas sterile Wohnumgebung. Hat der eine jedoch individuelle Möbel (Schreiner- Design- oder Antikmöbel) und der andere moderne Massenmöbel, so entsteht eine vergleichsweise interessantere Wohnumgebung.

Die Suche aus ökonomischer Sicht

Die Frage ist nicht „Wie kann ich das Beste finden? Sondern „Wie kann ich das Beste mit den Mitteln finden, die ich in die Waagschale werfen kann?“ Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, weil sie zumeist auf Versuch und Irrtum basiert. Am besten lässt sich dies beschreiben, indem du dir sagst: Ich muss suchen, bewerten, und dann herausfinden, wie ich selbst bewertet werde. Dabei kommt es vor, dass du von der Person abgelehnt wirst oder selber ablehnst – das ist völlig normal. Problematisch dran ist nur die Frage, wie häufig dies geschieht. Lehnst du zu oft ab, kann es nützlich sein, dass du dir noch einmal die Frage der Grundlagen stellst: („Wen begehre ich?“), denn dann sind deine Erwartungen zumeist nicht durchsetzbar. Jedenfalls nicht jetzt und nicht hier. Es kann auch sein, dass du dann auf dem falschen Markt gesucht hast, aber das trifft deutlich seltener zu. Wirst du zu oft abgelehnt, so kannst du dir erneut die Frage stellen: „Wer könnte mich begehren?“ n diesem Fall empfiehlt sich, das eigen Verhalten (möglicherweise auch nur dein Suchverhalten) zu überprüfen.

Die Funktion der Ablehnung aus ökonomischer Sicht

Wenn du als Partner(in) abgelehnt wirst, kannst du nach den Gründen für die Ablehnung fragen. Darauf gibt es viele ausweichende Antworten, aber auch einige ehrliche Aussagen. Jede ehrliche Antwort ist ein Gewinn - deshalb kannst du sogar aus Ablehnungen noch viel lernen. Ob du die Gründe akzeptierst oder nicht – überleg dir, was du ändern könntest.

Am Ende eine Begegnung (eines Dates) kann es durchaus sein, dass du selbst ein weiteres Treffen ablehnst. Niemand kann dich zwingen, es dies zu begründen - aber wenn du es tuest, versuche bitte ehrlich zu sein. In der Praxis werden viel zu viele „Folgeverabredungen“ abgelehnt, weil der „Funke nicht übergesprungen“ ist. Die meisten Fachleute kommentieren dies mit dem Satz: „Was bringt dich auf die Idee, dies von einem ersten Date zu erwarten?“ Falls du selber ablehnst, wirst du vermutlich weitersuchen. Das kostet Zeit, Geld und Mühe – also überlege dir gut, zu schnell „einen Korb zu geben“. Eine brauchbare Strategie dabei ist die Möglichkeit, sich ein Maximumziel und ein Minimumziel zu setzen und zuzugreifen, falls der Partner oder die Partnerin über dem minimalen Ziel liegt.

Ă–konomie und hohe Erwartungen - ĂĽber AnsprĂĽche

Hohe Erwartungen (volkstümlich auch Ansprüche genannt) sind erfüllbar, wenn du selber ein „Premium-Angebot“ aus der Sicht anderer bist. Das ist eher selten der Fall. Sinnvoller ist, sich selbst in denn Kreis derjenigen Personen einordnen, die knapp über dem Durchschnitt liegen. Wer allzu hohe Erwartungen hat (und behält) wird länger, teurer und zeitraubender suchen müssen, ohne die Gewissheit zu haben, einen Partner zu finden. Es gibt drei Wege, die Partnersuche in diesem Fall zu verändern:

1. Intensiver suchen.
2. Gezielter suchen.
3. Unter veränderten Kriterien suchen.

Allerdings hat die Lösung (1) kaum Chancen, weil die Intensität nicht beliebig gesteigert werden kann. Die Lösung (2) hat Chancen, wenn die Suche bisher eher ziellos war. („Mal sehen, was kommt“). Langfristig bringt nur die Lösung (3) die erwünschten Erfolge, wozu manchmal nötig ist, auch über den Partnermarkt nachzudenken, den du bisher benutzt hast.

Kann denn Liebe ökonomisch sein?

Ja, sie kann. Denn wie und ob überhaupt das Gefühl der Liebe entsteht, ist abhängig davon, ob ein liebenswerter Partner gefunden wird. Mit jedem Tag, an dem du ihn nicht findest, entgeht dir eine wichtige Kraftquelle, die dein Leben bereichert.

Wenn du jetzt zum Anfang (roter Faden) zurückkehren willst …

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Hinweise, Quellen und abweichende Meinungen

Hinweise: Manche Ökonomen sehen „Gleich und Gleich“ ganz anders, zum Beispiel Hanno Beck, Professor für Alltagsökonomie in Pforzheim.
Eine weitere, interessante Meinung in Buchform wird auch von dem viel zitierten Professor Paul Oyer vertreten. Titel: Everything I Ever Needed To Know About ECONOMICS I Learend From Online Dating. (Boston, 2014)
Hier nicht als Quelle benutzt, aber lesenswert: „Ökonomie der Sexualität“, München 2015
Ebenso: Die Kunst des klaren Denkens, MĂĽnchen 2011.



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